Schreiben von Klaus Vogt, Orgelsachverständiger, an die Kirchengemeinde Hettenhausen (Sommer 2013)
Liebe Gemeindemitglieder!
Bereits seit 1996 darf ich Ihre Orgel als für den Kirchenkreis Fulda zuständiger Orgelsachverständiger betreuen. Mein damaliger Eindruck, dass es sich bei Ihrer Orgel um ein außerordentliches Instrument handelt, hat sich seitdem weiter verfestigt. So darf ich Ihnen an dieser Stelle meine Begeisterung für diese Orgel mit einigen knappen Informationen weitergeben.
Die Orgel in Hettenhausen ist nahezu zeitgleich mit der Fertigstellung Ihrer Kirche im Jahre 1879 im Stil der Neugotik erbaut worden. Erstellt wurde das Instrument von Adam Eifert aus Stadtilm, der auch im osthessischen Raum einige Instrumente gebaut hat. Seine Orgeln sind, dem Zeitgeschmack des 19. Jahrhunderts folgend, klanglich warm, rund und „grundtönig“, wie dies in der Fachsprache genannt wird. Dieses Klangbild hat man ungefähr seit den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht sonderlich geschätzt und so hat man viele Orgeln aus der Zeit der Romantik modernisiert und „aufgehellt“. Dieses Schicksal ist auch Ihrer Orgel nicht erspart geblieben. Und so stellt ein Umbau aus dem Jahr 1954 den heutigen Zustand dar. Glücklicherweise hat das Geld damals nicht dazu gereicht, die Orgel vollständig abzureißen oder klanglich völlig zu entstellen. Seit wenigen Jahrzehnten weiß man nun den besonders warmen, eben „romantischen“ Klang einer Orgel des 19. bzw. frühen 20. Jahrhunderts wieder zu schätzen. Aber nur wenige Gemeinden können sich glücklich preisen, noch ein Instrument aus dieser Epoche zu besitzen.
Zu diesen Gemeinden gehören auch Sie! Die 1954 eingeführten Register stellen jedoch klanglich gesehen eine deutliche Minderung dar und trüben den romantischen Grundeindruck erheblich. Hinter dem jetzigen Klanggewand ahnt man lediglich die Schönheit und den Wohlklang der Orgel von Adam Eifert. Es ist also ein Gebot der Stunde, der Orgel ihren wahren Charakter zurückzugeben. Zu dieser Maßnahme kommt die zwingende Notwendigkeit, die Orgel gründlich zu reinigen und technisch zu überholen. Die mechanischen Probleme sind für das korrekte Orgelspiel hinderlich und werden mit der Zeit zunehmen, was auch zu Ausfällen im technischen Bereich führen kann. Zurzeit bereitet es keine große Freude, auf dem störanfälligen und mit Mängeln behafteten Instrument zu spielen.
Dass sich dies mittelfristig ändern soll, haben auch hinzugezogene Kollegen bestätigt, die sich meinem Vorschlag, das Instrument fachgerecht zu restaurieren und zu rekonstruieren, uneingeschränkt angeschlossen haben. Ich möchte Sie mit Nachdruck dazu ermuntern, dieses Vorhaben nach Kräften zu unterstützen und die Sache „Orgel“ zu Ihrer Herzensangelegenheit werden zu lassen.
In Ihrer Kirche steht zweifelsohne eine wertvolle Denkmalorgel aus der Zeit der Romantik, noch dazu von klanglich besonderer Güte und obendrein eine der wenigen erhaltenen Orgeln aus der thüringischen Orgelbautradition des Adam Eifert.
Ich würde mich mit Ihnen freuen, wenn unsere gemeinsamen Bemühungen, dieses musikalische Kleinod zurückzugewinnen, in absehbarer Zeit realisiert werden könnten. In dieser Hoffnung möchte ich Sie ermutigen und grüße Sie vielmals
Klaus Vogt, Orgelsachverständiger