Anmerkungen zum „Distanzgottesdienst“
Erster Lockdown
Wie ist es den Pfarrern und Pfarrerinnen, Priestern und Gemeindereferent*innen ergangen, als sie im ersten „Lockdown“ im Frühjahr des vorigen Jahres Gottesdienste nicht mehr wie gewohnt im Kirchenraum halten konnten? Dieser Frage ist eine Untersuchung sozalwissenschaftlicher Institute beider Kirchen unter dem Titel „Churches online in times of Corona“ nachgegangen. Beabsichtigt war die Bestandsaufnahme kirchlicher Aktivitäten zum Zeitpunkt einer Unterbrechung, wie sie es bis dahin noch nicht gegeben hatte. Es wurde nach Veränderungen in den kirchlichen Arbeitsfeldern Gottesdienst, Seelsorge, Diakonie und Bildung gefragt. Das Ergebnis stellten die Sozialwissenschaftler Mitte April im Verlauf einer virtuellen Tagung vor: eine Auswertung der Datenmengen in Prozentzahlen, Turm- und Tortendiagrammen.
Wie sähe das Ergebnis einer Untersuchung aus, wenn in den Gemeinden gefragt würde, wie die Gottesdienstbesucher die Veränderungen erlebt haben? Gottesdienste im Livestream waren zur Zeit des ersten Lockdowns noch nicht erprobt. In Hettenhausen und Dalherda legte Pfarrer Müller bis Pfingsten für jeden Sonntag eine vervielfältigte Predigt mit Bibeltexten und Liedstrophen in der Kirche aus, man konnte sie hier lesen oder mit nach Hause nehmen.
Kirche zuhause
Ein erster „Online-Gottesdienst“, der für Hettenhausen und Dalherda gemeinsam vorbereitet wurde, war am Silvesterabend zur Zeit des zweiten Lockdowns zu sehen: „home churching“. Zuvor aufgezeichnete Statements von Gemeindegliedern zu der Frage „Was würden Sie als erstes tun nach Corona?“, aber auch zu der Frage „Was war gut im vergangenen Jahr?“ wurden statt einer Predigt gesendet. Die Beteiligung der Gemeinde zog viele Zuschauer an.
Aber wer sind die Zuschauer der Distanzgottesdienste an den Sonntagen? Alle, die sonst lieber in die Kirche gehen würden? Diejenigen, die sonst gar nicht die Möglichkeit hätten, am Gottesdienst teilzunehmen? Nur die, die an den Umgang mit den neuen Medien gewöhnt sind? Gemeindeglieder, denen diese Art des Gottesdienstes besser gefällt? Auch der Distanzgottesdienst bietet Möglichkeiten der Beteiligung. Der Pfarrer kündigt Lieder zum Mitsingen aus dem Gesangbuch an und er fordert auf zu Gebeten. Die Orgel stimmt die Lieder an und begleitet sie. Aber wer schlägt zuhause das Gesangbuch auf? Wer singt und betet am Bildschirm mit?
Kirche im Dorf
Der gemeinsame Osternachtsgottesdienst von Hettenhausen und Dalherda wurde einige Tage vorher in den beiden Kirchen aufgezeichnet und am Ostersonntag als „Livestream“ gezeigt. Kirchenvorsteher*innen aus Dalherda und Hettenhausen gestalteten den Gottesdienst zusammen mit Pfarrer Schindelmann, der in der Predigt die Geschichte von den beiden Jüngern erzählte, die mutlos von Jerusalem nach Emmaus wanderten (Lukas 24,13-35).
Die Kirche in Dalherda ist wie die Hettenhäuser auch eine „offene Kirche“. Wer als Dorfbewohner oder Besucher von außerhalb in die Kirche hineingehen will, wird nicht enttäuscht. Zu Ostern war sie geschmückt, den Eintretenden empfing Wärme. Die aus Baumstämmen gestalteten Kerzenständer regten an, ein Licht anzuzünden. Wer das bei einem Spaziergang durch das Dorf oder einer Wanderung in winterlicher Kälte erlebt hat, konnte sich freuen.
(Edzard Krückeberg)
(mf)