Jesus spricht: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. – Lk 11,9
Es ist kalt und dunkel, ein eisiger Wind zieht durch die Gassen. Wir rütteln an der Tür des alten Fachwerkhauses. Sie ist verschlossen. Wenn man ganz genau hinhört, hört man von drinnen dumpf Stimmen. Die Fenster des untersten Stockwerkes sind zu hoch, um sie einzusehen. Christoph sagt: ,,Ich mach das.“ Er stellt sich auf die Zehenspitzen und klopft energisch an die Fensterscheibe nahe der Tür. Nichts. Also nochmal. Wir warten und lauschen. Dann bewegt sich die Gardine des Fensters für einen Bruchteil von einer Sekunde und schon hört man, wie die alte Fachwerktür geöffnet wird. Uns gegenüber steht Seppi, er lächelt und sagt: ,,Ach ihr seid es, kommt rein Jungs!“
Seppi ist Kneipenwirt meiner Lieblingskneipe in der Heimat. Zur späteren Stunde schließt er die Eingangstür ab und öffnet nur noch nach Gesichtskontrolle.
Für mich ist es jedes Mal faszinierend. Es ist spätabends, die Straßen sind alle menschenleer und wenn man an der richtigen Tür klopft, öffnet sich diese und man tritt ein in eine andere Welt. Eine kleine gemütliche Kneipe, voll mit bekannten Gesichtern.
In Hettenhausen und Dalherda stehe ich jetzt bei meinem Dienstantritt als Pfarrer vor vielen neuen Türen. Ich hoffe, dass sich mir viele davon öffnen. Sei es digital, telefonisch oder ganz klassisch.
Für das kommende Jahr wünsche ich Ihnen den Mut, an verschlossene Türen zu klopfen. Das braucht manchmal einiges an Überwindung, denn es bleibt eine Unsicherheit: Wird mir die Tür geöffnet? Nimmt jemand den Hörer ab? Was erwartet mich auf der anderen Seite? Blicke ich in freundliche Gesichter? Und dennoch ermutigt uns Jesus: Wer klopft, dem wird aufgetan. Und wer bittet, dem wird gegeben, und wer suchet, der wird finden.
„An den Rand gehen und schauen was dahinter ist“ –
Liebe Gemeinde, ich bin furchtbar neugierig. Es gibt für mich nichts Größeres als Neues zu entdecken. In meiner Ausbildungsbeurteilung wurde hervorgehoben, dass ich aufgeschlossen und mutig neue Formen ausprobiere. Das ist manchmal wunderschön, man kommt an Orte, die man sonst nie gefunden hätte. Aber, und das kann ich Ihnen als passionierter Langstreckenläufer sagen, kann man sich dabei auch ganz schön verlaufen. Dann ist Ausdauer gefragt. Ich hoffe, dass ich diese Eigenschaften in meiner Arbeit als neuer Pfarrer vor Ort gut einbringen kann.
Ausdauer braucht man schon beim Theologiestudium. Denn ich habe (lange) in Marburg und Berlin studiert. Aufgewachsen bin ich als drittes von fünf Kindern in der hessischen Kleinstadt Treysa. Nach meinem Studium habe ich im Vikariat in der Nähe von Hanau den Süden unserer Landeskirche erkundet. Zum Ausgleich spiele ich, auf dem Sofa sitzend, Gitarre oder lese ein gutes Buch.
Ich freue mich darauf in den nächsten Monaten die Rhön und ihre Menschen kennenzulernen, an viele Türen zu klopfen und zu schauen, was dahinter ist.
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr Pfarrer Jonas Schindelmann